Soziale Herkunft und sozialer Status
„Günstige Tickets für sozial Schwache“
„Was für’n Penner/Proll!“
„Ossis sind jammernde Hartzer.“
„Rabenmutter“
„Sozialschmarotzer“
“Du Honk”
Quellen: Zitate aus diversen Fußballstadien und Vereinen
Warum wir darüber sprechen?
Der soziale Status und die soziale Herkunft einer Person bestimmen sich durch unterschiedliche Faktoren, z. B. darüber, über wie viele finanzielle Mittel sie verfügt oder in welchen Verhältnissen sie aufgewachsen ist. Weitere Faktoren könnten sein, über welche Bildungsabschlüsse oder wieviel “Vitamin B” ein Mensch verfügt.
In Deutschland sind knapp 16 % der Bevölkerung durch Armut gefährdet. Personen mit einem niedrigen Bildungsabschluss haben ein erhöhtes Armutsrisiko. Trotzdem ist die Diskriminierung aufgrund sozialer Herkunft und sozialem Status weder Teil der Europäischen Antidiskriminierungsrichtlinien noch des deutschen Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz (AGG), wird aber im Jahresbericht der Antidiskriminierungsstelle des Bundes von 2019 erwähnt.
Weit verbreitete Vorstellungen
Im Gegensatz zu anderen Diskriminierungsformen wie Sexismus und Rassismus ist Diskriminierung aufgrund der sozialen Herkunft und des sozialen Status gesellschaftlich und auch im Fußball immer noch stark tabuisiert. Ein Grund dafür: Die Vorstellung, dass jede Person eine Lohnarbeit finden und sozial aufsteigen kann, wenn sie sich nur genug anstrengt, ist weit verbreitet. Und das, obwohl Studien längst vielfach belegt haben, dass ein gesellschaftlicher Aufstieg oft nur schwer möglich ist.
Arbeitslose oder von Armut betroffene Menschen sehen sich dennoch oft mit der Unterstellung konfrontiert, faul und nachlässig zu sein und „einfach nicht genug“ getan zu haben, damit sich ihre Situation verbessert. Über ihre Situation zu sprechen, ist bei Betroffenen deshalb aus Sorge vor Diskriminierung vielfach mit Scham verbunden.
Und im Fußball?
Im Fußball kommen viele Menschen unterschiedlichster sozialer Herkunft und Status zusammen, z. B. in den Fankurven oder auf den Fußballplätzen. Führungspositionen in Profifußballvereinen erreichen Personen allerdings eher, wenn sie einen höheren sozialen Status haben.
Unter Fußballfans ist einerseits die pauschale Ablehnung von „Fußballmillionären“ in Gesängen und auf Bannern weit verbreitet und trifft vor allem Stadionbesucher*innen auf V.I.P.–Plätzen, Fußballfunktionäre oder Investoren. Andererseits werden gegnerische Fans ebenso regelmäßig mit Begriffen wie „asozial“ oder „Arbeitslose“ diskriminierend abgewertet. Andere Fußballfangruppen eignen sich diese Zuschreibungen dagegen als positive Selbstbezeichnung an.
Häufigste Diskriminierungsformen
Klassismus
Klassismus ist die (individuelle oder strukturelle) Abwertung und Ausgrenzung aufgrund der sozialen Herkunft und des sozialen Status. Klassismus existiert, weil Ressourcen wie Geld oder Bildung weltweit ungleich verteilt sind, sodass einige Menschen von Armut betroffen sind. Kinder, deren Eltern von Armut betroffen sind, erfahren oftmals Diskriminierung aufgrund ihrer sozialen Herkunft. Diskriminierung aufgrund des sozialen Status trifft z. B. ALG-Bezieher*innen und wohnungslose Menschen. Um Klassismus zu problematisieren, muss die Frage nach gerechter Verteilung in den Blick genommen werden. Von Klassismus sind nicht nur materiell arme Menschen mit geringen finanziellen Mitteln betroffen, sondern auch Nicht-Akademiker*innen, Hauptschüler*innen, Analphabet*innen und Personen, die (unbezahlte) Pflege-Arbeit leisten
Betroffene von Klassismus sind nicht immer weiß und heterosexuell, sondern oftmals auch queere und weibliche Menschen oder People of Colour. Das liegt daran, dass Klassismus meist eng verknüpft ist mit Rassismus, Sexismus und/oder Transfeindlichkeit. So verdienen z. B. Frauen bei gleicher Qualifikation im Schnitt immer noch weniger als Männer. Kinder, die vom staatlichen Bildungswesen weniger erreicht werden sind oft auch von Rassismus betroffen.
Immer wieder werden Menschen als „Asoziale“ beschrieben und bezeichnet. Viele der Bedeutungen des Begriffs „asozial“ haben eine lange Geschichte. So verfolgten und ermordeten Nationalsozialist*innen sogenannte „Asoziale“. Darunter fielen z. B. Wohnungslose, Erwerbslose, Bettler*innen, Alkoholabhängige, Lesben, Sexarbeiter*innen und Rom*nja und Sinti*zze.