Behinderung & Alter
Was immer hilft
Grundsätzlich gilt: Kommunikation auf Augenhöhe ist das Ziel. Eine Sprache, die vor allem einen defizitären Blick zum Ausdruck bringt oder Hilfsbedürftigkeit unterstellt, sollte vermieden werden.
Der Mensch sollte immer im Vordergrund stehen, also wortwörtlich sprachlich – ob als Fan, Spieler*in, Trainer*in oder Mitarbeiter*in.
Dazu gehört auch, bspw. eine Person möglichst nicht als „Opfer“, als „besonders tapfer“ oder „lebensfroh“ oder “talentiert trotz“ ihres jungen oder hohen Alters oder einer Behinderung darzustellen, da dies vor allem Perspektiven von nicht-betroffenen Menschen auf das Thema sind. Empfehlenswert ist auch, im direkten Kontakt nach der gewünschten Eigenbezeichnung einer Person zu fragen.
Auch bei der Benennung von Services im Stadion oder Verein sollte eine “Besonderung” aufgrund von Behinderung oder Alter möglichst vermieden werden. Dies gilt bspw. für die Bezeichnung von Plätzen oder Ticketkontingenten für bestimmte Zielgruppen. Stattdessen sollte der verfügbare Service am Platz (zur Herstellung von Barrierefreiheit) im Vordergrund stehen, z. B. “Plätze mit audiodeskriptiver Reportage (ADR)” statt “Blindenplätze” (vgl. CAFE, 2020).
Was denn nun? “Handicap”, “Beeinträchtigung” oder “besondere Bedürfnisse”?
Der Begriff „Handicap“ wirdzunehmend kritisch diskutiert. “Handicap”, so die Kritik, stellt eine defizitorientierte Sicht auf den Mensch in den Vordergrund. Die Behinderung durch die Gesellschaft (z.B. durch Vorurteile, fehlende Rampen, Untertitel, Audiodeskription etc.) gerät dabei außer Acht. Besonders deutlich wird dies gerade mit dem heutigen Alternativgebrauch des Begriffs im Sport. Im Golfsport gilt: Je höher das Handicap, desto schlechter der*die Spieler*in.
„Besondere Fähigkeiten“ oder „besondere Bedürfnisse“ gelten als beschönigende Alternativformulierungen für Menschen mit Behinderung. Ebenso wie “Handicap” lassen sie ebenfalls den Blick auf die Ausgrenzung durch die soziale Umwelt außen vor. Außerdem legen sie nahe, die Bedürfnisse oder Fähigkeiten von Menschen mit Behinderung wären nicht „normal“, sondern speziell und nicht genauso vielfältig und notwendig wie die nicht-behinderter Menschen.
Diese Begriffe sind daher eher zu vermeiden.
Beeinträchtigung beschreibt vor allem körperlich, psychisch oder kognitiv bedingte Einschränkungen – das fehlende Gehör oder die fehlende Sehkraft, das Übergewicht, die chronische Krankheit. Wenn dieser Aspekt im Vordergrund steht, kann alternativ von Beeinträchtigung gesprochen werden. Eine Beeinträchtigung kann im Alltag zu Einschränkungen führen, muss sie aber nicht.
Behinderung schließt die sozialen Barrieren in der Umwelt mit ein (z.B. fehlende Rampen, Services), die dazu führen (können), dass Menschen mit Beeinträchtigungen bei ihren Aktivitäten im Alltag behindert werden.
Über diese Begriffe sollten wir (auch) nachdenken
Folgende Liste basiert in weiten Teilen auf Empfehlungen der Expert*innen des Projekts Leidmedien.de
Besser vermeiden / No-Gos | Besser so formulieren |
der*die Behinderte, die Behinderten | Mensch/Fan/Spieler*in etc. mit Behinderung(en); (seltener:) behinderter Fan/Mensch/Spieler*in |
Handicap, gehandicapt | Behinderung, behindert |
normal vs. besonders/krank | nichtbehindert vs. behindert |
das Leben oder die Behinderung „meistern“ | mit seiner*ihrer Behinderung leben |
trotz seiner/ihrer Behinderung | mit seiner*ihrer Behinderung |
Behindertentickets / -plätze | Tickets / Plätze für Menschen mit Behinderung |
an den Rollstuhl gefesselt | Rollstuhlnutzer*in, Person X sitzt im oder nutzt den Rollstuhl, fährt Rollstuhl, ist auf den Rollstuhl angewiesen oder im Rollstuhl unterwegs |
Rollstuhlfahrertickets/-plätze; Rollstuhltickets | Tickets für Rollstuhlplätze |
der*die Blinde | die blinde Person / Zuschauer*in / Kolleg*in |
sehgeschädigt, Sehschwäche | sehbeeinträchtigt, sehbehindert |
Blindenreportage | audiodeskriptive Reportage (ADR) |
taubstumm, hörgeschädigt | taub, gehörlos, schwerhörig, hörbehindert |
Zeichensprache | Gebärdensprache, Deutsche Gebärdensprache (DGS) |
Gebärdendolmetscher | Gebärdensprachdolmetscher*in |
Gehörlosensitzplätze | Sitzplätze mit DGS-Verdolmetschung |
„normale“ Sprache vs. Leichte Sprache | Alltagssprache vs. Leichte Sprache |
geistige Behinderung, geistig behindert | Mensch mit Lernschwierigkeiten, kognitiv beeinträchtigt |
Mongoloismus, mongoloid, Downie | Mensch mit Trisomie 21, Mensch mit Down-Syndrom |
Zwerg, Liliputaner | kleinwüchsiger Mensch / Fan / Spieler*in /Mitarbeiter*in etc. |
Mensch mit Autismus | Autist*in (= erwünschte Selbstbezeichnung) |
Person XY leidet an/ist Opfer von… | Person XY hat Multiple Sklerose / das Down Syndrom, ist blind / gehörlos oder lebt mit der (chronischen) Erkrankung XY… |
psychisch krank, psychisch gestört, geisteskrank, | psychisch beeinträchtigt, (falls zutreffend:) Psychiatrie-Erfahrene*r, |
Psychisch Kranke*r | Mensch / Fan / Spieler*in / Kolleg*in mit einer (chron.) psychischen Erkrankung |
Selbstmord, Freitod | Selbsttötung, Suizid |
Pflegefall | Mensch / Fan / Spieler*in / Angestellte*r etc. mit Assistenzbedarf |
„Sorgenkind“, „Schützling“, „Du“ statt „Sie“ | nehmen Sie die Menschen ernst |
Überalterung | demographischer Wandel |
Insassen (z. B. eines Senior*innenheims) | Bewohner*innen (z. B. eines Senior*innenheims) |
Weiterführende Infos / Links / Quellen
>> Siehe auch Anlaufstellen
Leidmedien – Glossar von Begriffen über Behinderung von A bis Z
FAQ Altersdiskriminierung – Anti-Diskriminierungsstelle des Bundes
Erklärung der Ständigen Kindervertretung (Deutsche Kinderhilfe e.V.) zu Adultismus
Deutsches Institut für Menschenrechte – Dokumentation Altersdiskriminierung und das Recht Älterer auf Freiheit von Gewalt, Misshandlung und Vernachlässigung (2017)
Aktionsbündnis Seelische Gesundheit – Formulierungsempfehlungen zu psychischen Beeinträchtigungen